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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 31.10.2007
Aktenzeichen: 1 K 1941/05
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 18 Abs. 1 Nr. 3
EStG § 18 Abs. 2
EStG § 22 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Rheinland-Pfalz

1 K 1941/05

Einkommensteuer 1990 bis 1994

In dem Finanzrechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 1. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 31. Oktober 2007

durch

die Vorsitzende Richterin am Finanzgericht

den Richter am Finanzgericht

den Richter am Finanzgericht

den ehrenamtlichen Richter

den ehrenamtlichen Richter

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Übertragung von Rechten aus einer Erfindung gegen Entgelt zu steuerpflichtigen Einkünften führt.

Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist ausgebildeter Apotheker und seit Oktober 1979 bei der Firmengruppe L beschäftigt. Zu dieser Zeit begann unter seiner Leitung innerhalb der L GmbH & Co. KG (L KG) die Entwicklung Transdermaler Therapeutischer Systeme (TTS). Bereits Mitte 1983 begann die Produktion von D..., einem Nitroglycerinpflaster zur vorbeugenden Behandlung von Angina Pectoris. Aus der L KG wurde der Bereich "Herstellung und Vertrieb von Erzeugnissen für medizinische Zwecke" etc. ausgegliedert und in die im Juni 1984 neu gegründete L Therapie System GmbH & Co. KG (LTS) übertragen. Zum Geschäftsführer der LTS wurde der Kläger 1992 bestellt. Die Klägerin ist nach eigenen Angaben "von der Ausbildung her pharmazeutische Vorexaminierte" und seit 1975 Hausfrau.

Am 12. Dezember 1989 haben die LTS (= Erwerberin) und die Klägerin (= Erfinderin) über den Erwerb von zwei Erfindungen folgenden Vertrag geschlossen:

"Präambel

Die Erfinderin hat zwei Erfindungen gemacht. Mit Zustimmung der Erfinderin hat die Erwerberin diese Erfindungen zum Patent angemeldet und zum Teil darüber verfügt.

§ 1 Gegenstand des Vertrages

Arbeitstitel: "Tablettenpflaster"

Dieses Patent ist am 28. August 1986 unter dem Aktenzeichen P 3629304.0-45 beim Deutschen Patentamt unter dem Namen der Erwerberin zum Patent angemeldet worden. Mit Beschluss des Deutschen Patentamtes vom 9. November 1988 ist auf die vorbezeichnete Anmeldung ein Patent unter der vorbezeichneten Nummer erteilt worden ...

(2) ... Arbeitstitel: "Randpflaster"

Diese Erfindung ist unter der Nummer P 3908432.9 beim Deutschen Patentamt angemeldet worden.

(3) Die Erfinderin sichert zu, dass sie über die Erfindung uneingeschränkt verfügen darf und dass - nach Kenntnis der Erfinderin - Rechte Dritter nicht bestehen, ...

§ 2 Übertragung

(1) Die Erfinderin überträgt der Erwerberin die Rechte an den Erfindungen einschließlich aller Rechte auf Schutzrechte, auf die Erteilung von Schutzrechten und aus Schutzrechten, und zwar für das Inland und das gesamte Ausland.

(4) Die uneingeschränkte Übertragung aller Erfindungsrechte - ausgenommen die Nutzungsrechte gem. § 2 Abs. 2 - erstreckt sich auf sämtliche gegenwärtigen und zukünftigen Anwendungsmöglichkeiten der Erfindungen und evtl. Weiterentwicklungen und Verbesserungen, auch soweit sie derzeit noch nicht Gegenstand von Schutzrechtspositionen sind ...

(5) Die Erwerberin nimmt die Abtretung der Rechte an. Soweit die Erwerberin im Vorgriff auf diesen Vertrag bereits über die Rechte verfügt hat, bestätigt die Erfinderin, dass diese Verfügungen mit ihrem Einverständnis erfolgt sind.

§ 3 Umsatzabhängiges bzw. einkunftsabhängiges Entgelt

(1) Die Erfinderin erhält ein Entgelt, welches am wirtschaftlichen Erfolg des nach den Erfindungen hergestellten Produktes mit dem Wirkstoff Nikotin erzielt wird. Dieses Entgelt beträgt 1,25% (.......................) auf die mit dem Produkt erzielten Nettoverkaufserlöse.

(3) Zusätzlich erhält die Erfinderin einen Anteil von 12,5% (..................) der auf das Produkt entfallenden Nettolizenzeinnahmen.

§ 5 Abrechnung und Entgeltzahlung

(1) Die Abrechnung über die Höhe des Entgelts erfolgt jeweils unverzüglich nach Ende eines Kalenderquartals ...

§ 8 Schutzrechtsveräußerung bzw. Aufgabe

(1) Veräußert die Erwerberin ein Schutzrecht oder Anteile davon an einen Dritten, erhält die Erfinderin eine angemessene Beteiligung am erzielten Kaufpreis ...

(3) Erteilt die Erwerberin Herstellungslizenzen an Dritte, erhält die Erfinderin ein Entgelt in der Höhe, als würde das Produkt durch die Erwerberin selbst hergestellt ...

§ 10 Laufzeit des Vertrages

(1) Der Vertrag endet spätestens mit der endgültigen Einstellung der Herstellung - ... - der Produkte nach den Erfindungen bzw. dem endgültigen Ende der Lizenzeinkünfte ...

(2) Die Ansprüche aus diesem Vertrag sind vererblich."

Bei den Einkommensteuerveranlagungen für die Jahre 1989 und 1990 vertraten die Kläger die Auffassung, dass es sich bei dem Vertrag vom 12. Dezember 1989 um einen Kaufvertrag handele und die im privaten Vermögensbereich liegende Veräußerung nicht der Besteuerung unterliege. Dagegen ging das Finanzamt von steuerpflichtigen Einkünften im Sinne des § 22 Nr. 3 Einkommensteuergesetz -EStG- aus.

Das Deutsche Patentamt in München teilte auf eine Anfrage des beklagten Finanzamts mit, dass Patentinhaber die Firma LTS sei. Der Patentinhaber sei als Eigentümer anzusehen und gleichzeitig auch als Nutzungsberechtigter (Bl. 25 und 26 RB-Akte).

Im Rahmen der Außenprüfung bei der LTS hat der Prüfer folgende Zahlungen an die Klägerin festgestellt:

 1989DM1990DM1991DM1992DM
Lizenzgebühren aus Eigenvertrieb9.835,6372.344,30526.161,541.321.386,53
LTS (1,25%)    
     
aus Lizenzerträgen (aus Weitergabe an CG)   1.536,783,26241.237,50
     
Lizenzgebühren (12,5% aus Voraus- Zahlungen CG)93.750,00125.000,00125.000,00 
SUMME103.585,63197.344,30651.161,54(lt. Klägerin 734.209,00)3.099.407,29

 1993DM1994DM1995DM
Lizenzgebühren aus Eigenvertrieb1.545.093,62654.289,01867.663,23
LTS (1,25%)   
    
aus Lizenzerträgen (aus Weitergabe an CG)   
    
Lizenzgebühren (12,5% aus Voraus- Zahlungen CG)   
SUMME1.545.093,62654.289,01867.663,23

In den Einkommensteuerbescheiden 1989 und 1990 hat der Beklagte die vorbezeichneten Lizenzgebühren als sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG erfasst. In den Einkommensteuerbescheiden 1991 bis 1994 berücksichtigte er sie als selbständige Einkünfte im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG.

Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 1. August 1997 als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen haben die Kläger Klage erhoben. In der mündlichen Verhandlung wurde das Verfahren wegen Einkommensteuer 1990 bis 1994 abgetrennt. In dem Verfahren wegen Einkommensteuer 1989 wurde die Klage abgewiesen (Az. 3 K 2633/97). Die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde mit Beschluss des BFH vom 11. April 2003 als unbegründet zurückgewiesen (Az. IV B 170/01). Die Klägerin hat Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Bundesfinanzhofes vom 11. April 2003, das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. Juni 2001 und gegen den Einkommensteuerbescheid 1989 vom 4. Juni 1993 eingelegt. Diese Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen (Az. 2 BvR 1404/03).

Das abgetrennte Verfahren betreffend Einkommensteuer 1990 bis 1994 (3 K 2247/01) wurde bis zum rechtskräftigen Abschluss des beim BFH anhängigen Verfahren - IV B 170/01 - zum Ruhen gebracht. Nach dem Beschluss des BFH vom 11. April 2003 wurde das Verfahren fortgesetzt und unter dem Aktenzeichen 1 K 1941/05 geführt.

Die Kläger tragen im Wesentlichen vor, dass es sich um einen privaten Veräußerungsvorgang außerhalb der Einkunftsarten handeln würde. Das Finanzamt gehe fälschlicherweise davon aus, dass Erfindungen einerseits und auf Erfindungen zu erteilende Schutzrechte andererseits gleichzusetzen seien. Beide Bereiche seien jedoch zu trennen. Der Erfinder könne als ursprünglicher Inhaber des Rechts auf das Patent sein Recht auf das Patent, den Anspruch auf Erteilung des Patents sowie das Recht aus dem Patent auf Dritte übertragen. Im Falle der Klägerin handele es sich um eine reine Zufallserfindung, die Erfindereigenschaft habe sich plötzlich und ohne planmäßiges Vorbereiten und Nachdenken ergeben, wie dies Zufallsprodukten jedweder Art immanent sei. Erfinder müssten nicht über entsprechende wissenschaftliche oder technische Vorbildungen verfügen und bräuchten nicht in der Lage zu sein, stichhaltige Erläuterungen zu den Funktionsweisen ihrer Erfindungen zu geben.

Die Klägerin habe im Jahre 1984 eine Erfindung gemacht und habe sie zeitgleich dem Kläger mitgeteilt. Ihre Information sei dahin gegangen, dass es möglich sein müsse, eine dünne wirkstoffhaltige Tablette oder etwas Ähnliches in den Kleber eines Pflasters einzubauen oder zwischen Kleber oder Trägermaterial zu legen. Der Kläger habe seinerseits die Tatsache, dass die Erfindung von der Klägerin stammte, mit dem Vorsitzenden der Geschäftsführung besprochen. Dieses Gespräch habe er deshalb gesucht, weil er sich in einem Dilemma gefühlt habe, nachdem die Erfindung von der Klägerin gemacht worden sei. Seitens des Gesprächspartners, Herrn Dr. B, sei er ausdrücklich aufgefordert worden, entsprechend dieser tatsächlichen Entstehungsgeschichte der Erfindung auch zukünftig weiter vorzugehen, d.h. die Erfindung als Erfindung der Klägerin zu behandeln. Nur sei seinerzeit bewusst davon abgesehen worden, eine vertragliche Regelung zu treffen, da man zunächst einmal habe abwarten wollen, ob die Erfindung schutzfähig und brauchbar gewesen wäre und wie die wirtschaftlichen Verwertungsaussichten sich darstellen würden. In der Folgezeit sei die Erfindung der Klägerin deshalb auch so behandelt worden wie andere Arbeitnehmererfindungen auch, d.h. es sei zunächst am 28. August 1986, also eindeutig in enger zeitlicher Nähe zu der Erfindung durch die Klägerin, eine Patentanmeldung eingereicht worden, um die Frage der Schutzfähigkeit zu prüfen. Hierzu habe die mündliche Zustimmung der Klägerin vorgelegen. Dass die Klägerin hiermit einverstanden gewesen sei, ergebe sich auch daraus, dass sie die für die einzelnen Länder erforderlichen Assignements bzw. sonstige Zustimmungserklärungen unterzeichnet habe und auch notariell beurkunden ließ. Insoweit würden sich also aus dieser Zeit praktisch im Anschluss an die jeweils durchgeführten Schutzrechtsanmeldungen auch entsprechende Zustimmungserklärungen ergeben. Auf Grund der Nähe zwischen der Klägerin und der L KG sollte von einer Vergütung für die Erfindung solange abgesehen werden, wie eine wirtschaftliche Verwertung zu Gunsten der Gesellschaft nicht erfolgt sei. Erst bei Überschüssen aus der Erfindungsverwertung sollte eine Vergütungszahlung erfolgen. Im Jahr 1989 habe dann eine Verwertung angestanden, folgerichtig sei es zum förmlichen Vertragsabschluss über Übertragung und Vergütung gekommen, wobei auch bisher nur mündliche Übereinkünfte schriftlich zusammengefasst worden seien. Steuerlich habe deshalb ein privater Veräußerungsvorgang vorgelegen.

Durch das Urteil des BFH vom 10. September 2003 XI R 26/02 sei es zu einer entscheidenden Änderung der Rechtsprechung in der Frage der gelegentlichen Erfindung durch einen Einzelerfinder gekommen. Dies habe der Beklagte nicht zutreffend gewürdigt. In diesem Urteil vertrete der BFH die Auffassung, dass einer "gelegentlichen" Zufallserfindung keine nachhaltige erfinderische Tätigkeit zu Grunde liege, deren Veräußerungserlös somit nicht nach § 22 Nr. 2 oder 3 EStG steuerbar sei. Diese Entscheidung lehne die gegenteilige Auffassung des BFH-Urteils vom 10. Juni 1998 IV R 29/97 ausdrücklich ab. Auf Grund dieser rechtlichen Vorgaben sei das Urteil des Finanzgerichtes Hamburgvom 12. Dezember 2005 VI R 18/04 ergangen. Das Finanzgericht habe eine nachhaltige Erfindertätigkeit verneint. Diese neue Rechtsprechung des BFH und des Finanzgerichtes Hamburg sei auch auf den hier vorliegenden Sachverhalt anzuwenden, denn der Kläger habe seiner Frau, der Klägerin, anlässlich eines Kaffee-Gespräches über Schwierigkeiten der LTS bei der Entwicklung und Herstellung von Transdermalen Systemen berichtet. Die Klägerin habe darauf geantwortet: "Dann kleb doch einfach eine Tablette auf die Haut". Die Klägerin habe damit offenbar gemeint, dass es möglich sei, eine dünne wirkstoffhaltige Tablette oder etwas Ähnliches in den Kleber eines Pflasters einzubauen und zwischen Kleber und Trägermaterial zu legen. Die Erfindung selbst inklusive der notwendigen Diskussion sei in weniger als 5 Minuten zustande gekommen. Die Überprüfung der Erfindung auf ihre Machbarkeit habe insgesamt 3,5 Stunden in Anspruch genommen und die technische Realisierung der Erfindung habe in weniger als einem halben Tag von einem einzigen Laboranten bewältigt werden können. Die Entwicklung eines pharmazeutischen Produktes (Medikamentes) benötige noch die Entwicklung eines vermarktbaren Produktes, den Aufbau einer großtechnischen Produktion und das Zulassungsverfahren.

Der Sachverhalt stelle sich im vorliegenden Fall nicht wesentlich anders dar als im Fall des Finanzgerichtes Hamburg. Die von der Klägerin geäußerte Idee bedeute ebenso wie der spontan erkannte bewegliche Autofocus eine gelegentliche Erfindung durch einen Einzelerfinder und eine Zufallserfindung. Die von dem Unternehmen LTS durchgeführten Versuche hätten nicht mehr der Erfindung als solcher gedient, sondern deren Produktion. Die Herstellung der Produktionsreife und die auf die Patenterteilung gerichtete Tätigkeit hätten aber, wie das Finanzgericht Hamburg ausdrücklich festgestellt habe, mit der Erfindertätigkeit nichts zu tun. Die von der Klägerin geäußerte Idee, die als Erfindung patentiert worden sei, habe nicht auf einer nachhaltigen Erfindertätigkeit von ihr selbst beruht oder einer ihr zuzurechnenden Erfindertätigkeit der LTS. Im Hinblick auf diese neuere Rechtsprechung sei die Auffassung, es liege eine nachhaltige Erfindertätigkeit vor, nicht gerechtfertigt. Da das Recht auf die Erfindung zum Privatvermögen der Klägerin gehöre, würden die Veräußerung und der Erlös daraus nicht der Einkommensteuer unterliegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Kläger vom 19. Juni 2006, 17. September 2007 und 12. Oktober 2007 verwiesen.

Die Kläger beantragen,

unter Änderung des Einkommensteuerbescheides für 1990 vom 14. Juni 1993, für 1991 vom 9. Dezember 1997 und für 1992 bis 1994 vom 18. Februar 1997 und der Einspruchsentscheidung vom 1. August 1997, soweit sie die Jahre 1990 bis 1994 betrifft, die Einkommensteuer ohne Berücksichtigung von Entgelten, die die Klägerin von der Firma LTS erhalten hat, festzusetzen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt er aus, dass nach ständiger Rechtsprechung des BFH Einkünfte aus einer Erfindertätigkeit nur dann dem Tatbestand des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG unterliegen würden, wenn die Erfindertätigkeit nachhaltig ausgeübt werde. Die Nachhaltigkeit sei auch dann zu bejahen, wenn nach der sog. "Blitzidee" weitere Tätigkeiten erforderlich seien, um die (Zufalls-)Erfindung bis zur Verwertungsreife zu fördern, wobei nicht entscheidend sei, ob der Erfinder die bis zur Patentreife erforderlichen Arbeiten selbst durchführe oder von einem anderen für sich durchführen lasse. Im vorliegenden Fall habe das Finanzgericht Rheinland-Pfalz in seinem Urteil 3 K 2633/97 unter Heranziehung des BFH-Urteilesvom 18. Juni 1998 IV R 29/97 die Erfindertätigkeit der Klägerin als nachhaltige Tätigkeit eingestuft und dies mit den nach der Äußerung der Spontanidee noch notwendigen Ausarbeitungen und Erprobungen begründet, die von der Klägerin auf die LTS übertragen worden seien. Mit BFH-Beschluss vom 11. April 2003 IV B 170/01 habe der BFH die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen. Auf die Ausführungen werde verwiesen. Entgegen der Auffassung der Kläger habe sich die Rechtsprechung weder durch das BFH-Urteil vom 10. September 2003 noch durch das Urteil des Finanzgerichtes Hamburg vom 12. Dezember 2005 geändert. Maßgebend sei nach wie vor, dass eine nachhaltige erfinderische Tätigkeit auch in der Förderung der Verwertungsreife der Erfindung liege und auch nicht entscheidend sei, ob der Erfinder die bis zur Patentreife erforderlichen Arbeiten selbst durchgeführt oder von einem anderen für sich habe durchführen lassen. In beiden Urteilen sei lediglich klargestellt worden, dass die Ausarbeitung der technischen Lösung einer Erfindung durch den beauftragten Patentanwalt nicht zu einer nachhaltigen Tätigkeit des Erfinders führe, jedenfalls dann nicht, wenn der Patentanwalt lediglich eine übliche Leistung im Patenterteilungsverfahren erbringe. Im Streitfall habe das Finanzgericht Rheinland-Pfalz wesentlich darauf abgestellt, dass nach der "Blitzidee" Tätigkeiten des Klägers und der LTS vorliegen würden, die dem "Verwertungsreif machen" zuzurechnen seien. Diese Tätigkeit sei nicht vergleichbar mit den Arbeiten des Patentanwaltes, die durch das Finanzgericht Hamburg zu beurteilen gewesen seien. Anders als in dem vom BFH in dem Verfahren IV R 29/97 zu beurteilenden Fall, in dem ein Produktionsunternehmen mit der Weiterentwicklung einer erfinderischen Idee zur Produktionsreife beauftragt gewesen sei, die dann die Patenterteilung ermöglicht habe und in dem der BFH eine nachhaltige Tätigkeit bejaht habe, habe in dem Fall des Finanzgerichtes Hamburg der Zeuge (= Patentanwalt) nicht die Produktionsreife bzw. Verwertungsreife der Autofocuskamera ausgearbeitet. Er habe vielmehr nach seinem Bekunden nur die typische Tätigkeit eines Patentanwaltes im Rahmen der Anmeldung einer Erfindung eines Einzelerfinders entfaltet.

Die Prozessakten 3 K 2633/97 wurden dem Verfahren hinzugezogen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

Der Beklagte ist im Ergebnis zu Recht von steuerpflichtigen Einkünften ausgegangen. Die Einnahmen der Klägerin aus der Übertragung ihrer Erfinderrechte an die LTS stellen Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG dar, weil ihre Tätigkeit nachhaltig ist.

Nachhaltig ist eine Tätigkeit, wenn sie von der Absicht getragen ist, sie zu wiederholen und daraus eine Einkunftsquelle zu machen und wenn sie sich objektiv als nachhaltig darstellt (ständige Rechtsprechung des BFH; vgl. z.B. BFH-Urteile vom 9. Dezember 2002 VIII R 40/01, BStBl II 2003, 294;vom 10. Dezember 1998 III R 61/97, BStBl II 1999, 390 m.w.N.). Vorübergehend im Sinne des § 18 Abs. 2 EStG ist eine Tätigkeit, wenn sie planmäßig nur einmal oder wenige Male, jedoch mit der Absicht ausgeübt wird, sie bei sich bietender Gelegenheit zu wiederholen. Der sog. Zufallserfindung liegt mangels Wiederholungsabsicht keine nachhaltige Tätigkeit zu Grunde (BFH-Urteil vom 18. Juni 1998 IV R 29/97, BStBl II 1998, 567). Dies kann insbesondere bei branchenfremden Erfindern der Fall sein.

Die Wiederholungsabsicht muss sich auf die (hier) erfinderische Tätigkeit beziehen; es muss sich um eine planmäßige Erfindertätigkeit handeln. Wird ein Steuerpflichtiger wiederholt erfinderisch tätig, sei es, um auf den erfinderischen Gedanken zu kommen, sei es um die Verwertungsreife einzelner Erfindungen zu fördern, so ist die vorübergehende Tätigkeit auch dann nachhaltig, wenn der Steuerpflichtige letztlich nur eine Erfindung macht (BFH-Urteil vom 18. Juni 1998 a.a.O.). Da der Steuerpflichtige selbst das Merkmal der nachhaltigen Tätigkeit erfüllen muss, können allerdings nur solche Tätigkeiten berücksichtigt werden, die er selbst ausführt oder die von einem Dritten in seinem Auftrag ausgeführt werden. Tätigkeiten eines Dritten im Rahmen seines Gewerbebetriebes nach Erwerb der (patentierten) Erfindung können dem Veräußerer der Erfindung nicht mehr zugerechnet werden (BFH-Urteil vom 10. September 2003 XI R 26/02, BStBl II 2004, 218).

Die Patenterteilung und die darauf gerichteten Tätigkeiten eines beauftragten Patentanwaltes dienen dazu, das Recht des Erfinders auf ausschließliche Verwertung (sog. geistiges Eigentum) zu schützen und die Erfindung bekannt zu machen; sie stellen keine auf Wiederholung angelegte erfinderische Tätigkeit dar und dienen nicht der Förderung der (technischen) Verwertungsreife der Erfindung. In diesem Sinn hat der BFH in seinem Urteil vom 18. Juni 1998 a.a.O. Patentanmeldungen allein nicht als Ausdruck nachhaltiger Tätigkeit beurteilt, sondern nur solche Tätigkeiten, die die technische Verwertungsreife förderten. Die Patente konnten dort erst "nach Erprobung und Ausarbeitung der Erfindung", die im Auftrag des damaligen Klägers stattfanden, zum Patent angemeldet werden (BFH-Urteil vom 10. September 2003 a.a.O.).

In dem Urteil vom 10. September 2003 ging der 11. Senat des BFH, ebenso wie der 4. Senat, bei der Prüfung der Nachhaltigkeit davon aus, dass ein Kriterium der Nachhaltigkeit die Wiederholungsabsicht darstellt, welche sich auf die erfinderische Tätigkeit beziehen muss. Dabei werden die erfinderische Tätigkeit als solche und die Tätigkeit zur Förderung der Verwertungsreife einer Erfindung gleichgestellt, wobei diese Tätigkeiten auch dann nachhaltig sind, wenn der Steuerpflichtige lediglich nur eine einzige Erfindung macht und als nachhaltig auch solche Tätigkeiten berücksichtigt, die von Dritten im Auftrag des Erfinders zur Förderung der technischen Verwertungsreife ausgeführt werden. Allein die Patenterteilung und die darauf gerichtete Tätigkeit eines Patentanwaltes führen noch nicht zu einer nachhaltigen erfinderischen Tätigkeit.

Durch dieses Urteil des BFH vom 10. September 2003 hat sich die Rechtsprechung des BFH nicht geändert. Entgegen der Auffassung der Kläger hat der BFH nicht die Auffassung des 4. Senats im Urteil vom 18. Juni 1998 abgelehnt. Im Gegenteil hat er dieses Urteil in seinen Entscheidungsgründen immer wieder zitiert und darauf verwiesen. Der BFH hat die Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen, da zu Art und Umfang der zur Patentreife führenden Tätigkeiten des Klägers die Feststellungen gefehlt haben. Er führt aus, dass, sollte sich ergeben, dass der Kläger tatsächlich nur seine Idee in Gestalt einer Skizze schriftlich niedergelegt habe, sich hieraus allein noch keine nachhaltige erfinderische Tätigkeit ergebe.

Im 2. Rechtsgang hat das Finanzgericht Hamburg (Urteil vom 12. Dezember 2005 VI 18/04, EFG 2006, 661) ausgeführt, dass der Kläger tatsächlich nur seine Idee in Gestalt einer Skizze schriftlich niedergelegt und damit nur eine gelegentliche Erfindungstätigkeit entfaltet habe. Der als Zeuge vernommene Patentanwalt, an dessen Bekundung keinerlei Zweifel bestanden, habe bestätigt, dass der Kläger ihm nur die Idee "der Autofocus soll flexibel sein" unterbreitet habe und eine kleine Skizze überreicht habe, aus der sich der technische Lösungsvorschlag ergeben habe. Dieses Material habe allerdings für eine erfolgreiche Patentanmeldung nicht ausgereicht. Es habe vielmehr für die Patenterteilung der Ausarbeitung einer exakten technischen Lösung bedurft. Durch die Darstellung technischer Lösungsmöglichkeiten seitens des Zeugen sei es aber nicht zu einer dem Kläger zuzurechnenden nachhaltigen Erfindertätigkeit gekommen.

Es handelt sich demnach nicht um eine Abwendung von der bisherigen Rechtsprechung des BFH, sondern um den ersten Fall, in dem von einer Zufallserfindung ausgegangen wird. Wie der BFH in seinem Urteil vom 18. Juli 1998 a.a.O. ausgeführt hat, führt nicht jede "Blitzidee" zu einer Zufallserfindung im Sinne der Rechtsprechung. Bedarf es nämlich nach einem spontan geborenen Gedanken einer weiteren Tätigkeit, um die Erfindung bis zur Verwertungsreife zu fördern, liegt eine planmäßige Erfindertätigkeit vor, die nicht mehr als "gelegentlich anzusehen ist".

Der Streitfall liegt aber anders als der Sachverhalt, den das Finanzgericht Hamburg zu beurteilen hatte.

Unter Beachtung der Grundsätze des BFH hat der Senat nach dem Akteninhalt die Überzeugung gewonnen (§ 96 der Finanzgerichtsordnung -FGO-), dass die Klägerin aus der Verwertung ihrer Erfindung "Tablettenpflaster und Randpflaster" Einkünfte aus sonstiger selbständiger Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG erzielt hat. Ein Fall einer Zufallserfindung und deren Veräußerung - und nur bei diesem könnte die rechtliche Möglichkeit fehlender Steuerbarkeit in Betracht kommen - liegt nicht vor. Gegenstand der Vereinbarung vom 12. Dezember 1989 zwischen der Klägerin und der LTS war die "Veräußerung" einer "verwertungsreifen Idee". Nach dem klägerischen Vortrag hatte die Klägerin in einem Gespräch mit dem Kläger Anfang 1984 die Idee "eine Tablette auf die Haut zu kleben". Nachdem dem Kläger "die Bedeutung dieser Erfindung schlagartig klar geworden ist" und nachdem er in der Firma einige Versuche hat durchführen lassen, hat die Klägerin zunächst einen mündlichen Vertrag mit der LTS geschlossen, in dem sie sich verpflichtet hat, ihre "Idee" mitzuteilen und mit dem sie die "Idee" auch gleichzeitig mitgeteilt hat. Die Klägerin hat "ihre Idee" an die LTS abgegeben und dieser die Möglichkeit eingeräumt, die "Idee" zu verwerten, sofern diese sich verwerten lässt. Zusätzlich wurde abgesprochen, dass eine Zahlung durch die LTS nur bei einer verwertungsreifen Idee erfolgen sollte, wobei jedoch die Entwicklungsmöglichkeiten die LTS ausloten sollte. Hierzu hat der Kläger ausgeführt, "es sei mit der LTS vereinbart gewesen, wenn es zu einer Nutzung kommt, dann wird gezahlt". Letztlich hat die LTS die Entwicklungsarbeiten auch durchgeführt, denn der Kläger hat freie Hand bekommen, in den Entwicklungsabteilungen entsprechende Muster herstellen und untersuchen zu lassen. Alle Laborarbeiten und alle Arbeiten in Bezug auf die Erlangung von Patenten wurden von L bzw. LTS durchgeführt (vgl. Schriftsatz der Kläger vom 18. Mai 1994, Bl. 44 ff. Rb-Akte). Erst nachdem am 9. November 1988 das Patent für das "Tablettenpflaster" erteilt worden war und die Verwertung des Patents anstand, hat die LTS mit der Klägerin den Vertrag vom 12. Dezember 1988 abgeschlossen, mit dem sich die LTS verpflichtete, der Klägerin für "die Übertragung aller Erfindungsrechte" ein umsatz- bzw. einkunftsabhängiges Entgelt zu zahlen. Nach alledem hat die Klägerin also nicht eine Spontanidee geäußert, sondern Entgelte für eine als patentreif ausgewiesene Idee erhalten, die wegen der dafür notwendigen Ausarbeitungen und Erprobungen eine nachhaltige - hier von der Klägerin auf LTS übertragene, aber entsprechend dem BFH-Urteil IV R 26/02 mit einer eigenen Tätigkeit gleich zu behandelnden - Tätigkeit erforderte. Nicht entscheidend ist nach Auffassung des Senats der Umstand, dass das Patent "Tablettenpflaster" auf den Namen der LTS und nicht auf den der Klägerin angemeldet und erteilt wurde. Dieser Umstand kann nur Einfluss haben auf die Höhe der Gegenleistung. Denn für die Qualifikation der Einkünfte aus selbständiger Arbeit ist es unerheblich, dass die Klägerin niemals Inhaberin der Patentrechte an ihren Erfindungen war. Da nicht nur die Patente selber, sondern die Erfinderrechte in ihren verschiedenen Entwicklungsstufen übertragbar sind, sind gleichermaßen die Einkünfte aus der Übertragung von Erfinderrechten Einkünfte aus selbständiger Arbeit (BFH-Urteil vom 8. Oktober 1989 I R 126/88, BStBl II 1990, 377).

Selbst wenn man davon ausgeht, dass, wie die Kläger vortragen, die Erfindung selbst inklusive der notwendigen Diskussion nur einen Zeitraum von 5 Minuten eingenommen hat und die Überprüfung der "Machbarkeit" der Erfindung nur ungefähr 3 1/2 Stunden in Anspruch genommen hat, waren Maßnahmen notwendig für die Förderung der Verwertungsreife der Erfindung. Der Kläger hat immer wieder in seinen Schriftsätzen ausgeführt, dass entsprechende Versuche durchzuführen waren. Auch in dem Schriftsatz vom 19. Juni 2006 - zur angeblichen Änderung der Rechtsprechung des BFH - führt der Kläger aus, dass er die Erfindung an die LTS herangetragen habe, um entsprechende Versuche durchzuführen. Wenn der Kläger nunmehr in seinem Schriftsatz vom 31. August 2006 ausführt, dass diese Versuche bei der LTS nicht der Erfindung gedient haben, sondern der Produktion, muss entgegengehalten werden, dass allein mit dem Satz der Klägerin: "Dann kleb doch einfach eine Tablette auf die Haut" die Erfindung nicht geboren worden ist, sondern um diese Idee umzusetzen, Versuche notwendig waren. Auch wenn diese Versuche keinen großen Zeitraum in Anspruch genommen haben, waren doch Tätigkeiten notwendig, um die Verwertungsreife der Erfindung zu fördern, weshalb die vorübergehende Tätigkeit nachhaltig ist, auch wenn die Klägerin nur eine Erfindung gemacht hat.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO - nicht vorliegen.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.

Verkündet am: 31.10.2007

Ende der Entscheidung

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